Whiteboard-Affären

Oder: die Geister, die ich rief.

Eine kleine Anekdote, die von der Eigendynamik des Netzes, von Glück und von Menschen, die nicht lesen können und denen, die denken ein 20qm großes Whiteboard kostet 500€, handelt.

Bevor ich mir das bloggen angewöhnte, schrieb ich regelmäßig Neuigkeiten-Artikel auf der Firmen-Homepage. Sowas wie neue Tapetenkollektion von XY, spezielle Oberflächengestaltungen oder einfach zu allgemeinen fachlichen Themen wie Schimmel usw.

Alle Artikel zwar recht frei geschrieben, die Überschriften teilweise bewusst auf die Google-Suche zugeschnitten. Ausprobieren, Spielerchens, in den sozialen Netzwerken verbreiten… was man halt so macht.

Ein Artikel, mittlerweile schon zwei Jahre alt, befasst sich mit magnetischen und beschreibbaren Wänden. Genauer, zwei spezielle Beschichtungen. Zum einen Magnetfarbe, zum anderen Whiteboardfarbe. Was die können, sagt der Name schon. Ein feines Gimmick, dass ich auf einer Messe entdeckte.

So weit so gut. Der Artikel wurde von einem Blogger entdeckt und er verlinkte auf seinem offensichtlich sehr gut besuchten Blog meinen Artikel mit Bildern usw.

Ab ging die wilde Fahrt!

Das katapultierte meinen Artikel relativ flott in der Google-Suche nach oben, bzw. die von mir verlinkten Bilder. Und das Schauspiel begann…

Anfragen über das Kontaktformular meiner Homepage spülten in mein E-Mail Postfach. Teilweise drei bis vier pro Woche nur wegen dieser speziellen Farbe, die ich nicht einmal vertreibe, geschweige denn produziere. Selbstverständlich hatte ich sichtbar auf den Hersteller der Farbe verlinkt!

Eine typische (eine Auswahl der Top-Fragen in einer zusammengebastelt) Anfrage: „Ich möchte 5qm Wand als magnetisches Whiteboard gestalten. Wieviel Farbe brauche ich dafür? Was kostet die? Versenden Sie auch in die Schweiz? Wo kann ich die Farbe hier vor Ort kaufen?“

Äh. Ja. Nein. Verdammt, wir sind doch kein Versandhandel! (und wollen es auch nicht werden)

Wie das so ist, zunächst beantwortet man höflich diese Anfragen, verweist auf o.g. Umstand und den Besuch eines Fachhändlers vor Ort und/oder Kontakt zum Hersteller. Nach ungefähr 10 dieser Anfragen, werden ziemlich schnell STRG+C und STRG+V deine engsten Verbündeten und zusätzlich kommt man auf die tolle Idee einen KLAR ERKENNBAREN, gelben Hinweiskasten in den Artikel einzufügen, der auf o.g. Umstand (kein Versandhandel) hinweist.

Es wurde besser und nur noch vereinzelte Anfrager der Kategorie „Farbe kaufen“ verirrten sich ins Postfach.

Was kostet die Welt? Oh, doch so viel!

Wir kommen zur zweiten Kategorie Anfrager, die potenziellen Kunden. Die, die so eine Wand vom Fachbetrieb ausgeführt haben möchten. Das war eigentlich das ursprüngliche Ziel. Aber… ja, aber… ABER NICHT ZU DEM PREIS! Das nächste Dilemma.

Wenn Du dir ein Whiteboard vor Deinem inneren Auge vorstellst… was ist die Oberfläche? Spiegelglatt, richtig. Naja, und weiß. Und nicht 20qm groß! Der damit verbundene handwerkliche Aufwand, macht, gepaart mit einem nicht gerade günstigen Materialpreis, diese super-fetzige-Gimmick-Wandbeschichtung zu einem teuren Unterfangen. Beispiel? Wir haben in Frankfurt für einen großen Konzern ca. 7-8qm Wand damit bearbeitet. Kostenpunkt (inkl. Anreise, Unterkunft usw) ca. 1.400€ brutto. (Warum wir? Weil sich lustigerweise kein Maler in Frankfurt damit auskannte…)

Es kamen Anfragen vom Bodensee für 60qm (Dollarzeichen in den Augen wäre untertrieben, aber recht schnell haben erste Preisschätzungen den Anfrager in eine Schockstarre versetzt. Ich war auch etwas Stolz, als 3-köpfiger Kleinbetrieb einen so großen Konzern nur mit vernünftig kalkulierten Zahlen in eine Kommunikations-Starre zu versetzen). Auch ein ziemlich bekanntes Wuppertaler Unternehmen (wo ich vermute, dass es ihm finanziell doch recht gut geht), war sehr wahrscheinlich auch geschockt. Anders kann ich mir die, nicht erfolgte, „Danke für die Mühe, aber das sprengt den Rahmen“-Absage-Mail nicht erklären. Schwache Nummer!

Sie nicht! Aber… ich brauch Tipps.

Was mich überhaupt zu diesem Artikel veranlasste, passierte diese Woche. Eine Anfrage, telefonisch, auch wieder aus Hessen. (Was ist nur los bei euch da unten?!) Ein nettes Telefonat, Kostenschätzung inklusive. Natürlich würde ich Anreise und Unterkunft berechnen. Wirklich? Ne, war nur Spaß. Ist ja mein Hobby! Man würde mir Unterlagen schicken, wenn das in die Gesamtkalkulation passt. Was nicht geschah, aber dafür ein weiterer Akt aus der Reihe „Ist mir zu teuer, aber ich möchte nicht darüber sprechen.“.

Was nun passierte, ist wieder Comedy. Zwei Tage später war auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht von einem mir unbekannten Malerkollegen. Mit Bezug auf dieses Projekt, würde er gerne noch ein paar Infos zu dieser Beschichtung haben. Ich musste herzhaft lachen! Ich meine, ich helfe immer gerne.

Aber tut mir leid… hier nicht. Kleiner Tipp: googlen Sie mal! Und es tut mir wirklich leid. Sie können nunmal nichts dafür, lieber unbekannter Kollege!

Was bleibt? Die Erkenntnis, dass auch im Internet ein bisschen Glück dazu gehört bzw. es nicht in Deinen Händen liegt, dass der /die Richtige dich verlinkt. Und die Frage: das was danach auf dich zurollt… Fluch oder Segen?

 

P.S.: Kein Witz! Heute kam eine weitere Anfrage aus Frankfurt für… eine Whiteboardwand. 🙂

20. Oktober 2013

Kategorie/n: AllgemeinAlltägliches

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2 Kommentare zu
»Whiteboard-Affären«

  1. Da musste ich doch herzhaft lachen, lieber Herr Trynoga. Wunderbar genial beschrieben! 🙂 Haben wir es denn überall, Entschuldigung, mit Idioten zu tun? Manchmal kommt es mir so vor.

    Mit farbenfrohen und 🙂 Grüßen, Ihr Opti-Maler-Partner,
    Werner Deck

    • Hallo Herr Deck,
      Danke für das Feedback!

      Und ja, manchmal zweifelt man ziemlich stark an dem gesunden Menschenverstand… 🙂

      Grüße
      Sascha Trynoga

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